Eine „Förderung der Allgemeinheit“ zur Erlangung der steuerrechtlichen Gemeinnützigkeit gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 AO ist bereits dann zu verneinen, wenn eine Körperschaft Bestrebungen verfolgt, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland richten. Es kommt dann zwingend zum Verlust der Gemeinnützigkeit, ohne dass andere Leistungen der Körperschaft für das Gemeinwohl hiermit abzuwägen sind. Diese ständige Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof nun nochmals ausdrücklich so bestätigt.
Ob eine „Förderung der Allgemeinheit“ gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 AO zu verneinen ist, da eine Körperschaft Bestrebungen verfolgt, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland richten, ist ebenso wie bei § 51 Abs. 3 Satz 1 und 2 AO eigenständig und ohne eine die Leistungen der Körperschaft für das Gemeinwohl einbeziehende Abwägung zu entscheiden. Es ist daher keine Gesamtwürdigung mit der Folge einer Anerkennung (auch) extremistischer Körperschaften als gemeinnützig vorzunehmen (Bestätigung von BFH, Urteil vom 14.03.2018 – V R 36/16, BFHE 260, 420, BStBl II 2018, 422).
In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall hatte ein Verein geklagt, der in Verfassungsschutzberichten erwähnt war; ab 2009 wurde er auch im Anhang eines Verfassungsschutzberichtes genannt, der extremistische Organisationen aufführte. Das Finanzamt versagte dem Verein wegen seiner Erwähnung in den Verfassungsschutzberichten die Steuerbegünstigung bei der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer.
Der Bundesfinanzhof hob das der Klage stattgebende Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 03. Mai 2022 – 8 K 8117/16) auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Der Bundesfinanzhof hat dabei seine -durch den Gesetzgeber später in § 51 Abs. 3 Satz 1 AO umgesetzte- ständige Rechtsprechung bestätigt, wonach eine Steuerbefreiung ausgeschlossen ist, wenn die Körperschaft Bestrebungen fördert, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland gerichtet sind.
In die Prüfung, ob eine Körperschaft derartige Bestrebungen fördert, darf danach nicht einbezogen werden, dass die Körperschaft auch Tätigkeiten ausübt, die dem Gemeinwohl dienen. Eine Abwägung zwischen diesen verschiedenen Tätigkeiten ist nicht vorzunehmen, da die Förderung verfassungswidriger Bestrebungen keine Förderung der Allgemeinheit ist. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg, das eine derartige Abwägung jedoch vorgenommen hatte, hat nunmehr neu zu entscheiden und die Anhaltspunkte, die für die Förderung verfassungsfeindlicher Bestrebungen sprechen, unter Berücksichtigung der Ziele und Methoden einer Körperschaft sowie etwaiger organisatorischer, personeller, strategischer und ideologischer Verbindungen zu anderen Gruppierungen, die verfassungsfeindliche Bestrebungen fördern, zu würdigen. Dabei hat das FG seiner Entscheidung zugrunde zu legen, dass der Verein in den Streitjahren ab 2009 als extremistisch in Verfassungsschutzberichten aufgeführt ist und der Verein daher nach der ab diesen Streitjahren zu beachtenden Vermutungsregel des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO zu widerlegen hat, dass er keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen fördert.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 5. September 2024 – V R 15/22