Ist mangels ausreichender Aufzeichnungen nicht nachvollziehbar, inwieweit tatsächlich Aufwand bei den einzelnen Sportlern angefallen ist, und ist deshalb nicht überprüfbar, ob bei allen Sportlern die ihnen jeweils geleistete Zahlung nicht über eine Aufwandsentschädigung hinausgeht, schließt dies die Annahme eines Zweckbetriebs nach § 67a Abs. 3 Satz 1 AO aus.

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall ist streitig, ob die Umsätze des klagenden Sportvereins aus dem Verkauf von Eintrittskarten in den Jahren 2010 und 2011 dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG unterliegen. Der eingetragene Verein, dessen 1. Herrenmannschaft in der Oberliga spielt, verfolgt gemäß seiner Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung. In seinen Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Streitjahre erklärte er Umsätze zum Regelsteuersatz und zum ermäßigten Steuersatz. Im Jahr 2016 fand beim Verein eine Außenprüfung statt, die u.a. die Umsatzsteuer der Streitjahre zum Gegenstand hatte. Der Prüfer stellte fest, dass die zum ermäßigten Steuersatz angemeldeten Umsätze aus der Gewährung von Eintrittsberechtigungen („Verkauf von Eintrittskarten“) für sportliche Veranstaltungen die für die Streitjahre geltende Umsatzgrenze des § 67a Abs. 1 Satz 1 AO in Höhe von jeweils 35.000 € überschritten. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG komme daher für die Streitjahre nicht in Betracht. Das Finanzamt erließ daraufhin Änderungsbescheide wegen Umsatzsteuer für die Streitjahre, in denen die Umsätze aus dem Verkauf von Eintrittskarten zum Regelsteuersatz besteuert wurden. Den Einspruch, mit dem der Verein gemäß § 67a Abs. 2 AO auf die Anwendung der Zweckbetriebsgrenze (§ 67a Abs. 1 Satz 1 AO) verzichtete, wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 04.05.2017 als unbegründet zurück.
Das Niedersächsische Finanzgericht wies die Klage ab[1]. Danach handelt es sich bei der von der Finanzverwaltung angeordneten 400 €-Grenze um eine sachgerechte Vereinfachungsregelung zur Abgrenzung von pauschal geleisteten Aufwandsentschädigungen. Darüber hinausgehender Aufwand müsse für die Einordnung als Aufwandsentschädigung im Einzelnen nachgewiesen werden. Der Bundesfinanzhof sah dies ebenso und wies nun auch die Revision des Sportvereins als unbegründet zurück:
Auf entgeltliche Leistungen, die ein gemeinnütziger Sportverein bei sportlichen Veranstaltungen erbringt, kann der ermäßigte Steuersatz anzuwenden sein.
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG unterliegen Leistungen der Körperschaften, die wie der Verein ausschließlich und unmittelbar insbesondere gemeinnützige Zwecke verfolgen, der Steuersatzermäßigung. Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG). Unter den weiteren Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG setzt die Steuersatzermäßigung gemäß § 64 Abs. 1 AO u.a. voraus, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ein Zweckbetrieb (§§ 65 bis 68 AO) ist. Dazu gehören auch die in § 67a AO genannten sportlichen Veranstaltungen.
§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG beruht unionsrechtlich auf Art. 98 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL).
Danach können Mitgliedstaaten zwar einen oder zwei ermäßigte Steuersätze anwenden (Art. 98 Abs. 1 MwStSystRL). Die ermäßigten Steuersätze sind aber nur auf die Lieferungen von Gegenständen und die Dienstleistungen der in Anhang III MwStSystRL genannten Kategorien anwendbar (Art. 98 Abs. 2 MwStSystRL). Dies gilt nach Anhang III Nr. 15 MwStSystRL für die Lieferung von Gegenständen und die Erbringung von Dienstleistungen durch von den Mitgliedstaaten anerkannte gemeinnützige Einrichtungen für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit, soweit sie nicht gemäß den Art. 132, 135 und 136 MwStSystRL von der Steuer befreit sind.
Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) folgt daraus, dass die Mitgliedstaaten insbesondere „nicht auf alle gemeinnützigen Leistungen einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anwenden [dürfen] …, sondern nur auf diejenigen, die von Einrichtungen erbracht werden, die sowohl gemeinnützig als auch für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit tätig sind“[2]. Andere als derartige Leistungen sind daher unionsrechtlich vom Anwendungsbereich der Steuerermäßigung für gemeinnützige Körperschaften von vornherein ausgeschlossen[3]. Dies führt dazu, dass § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG nicht mit Unionsrecht vereinbar ist, weil einer unionsrechtskonformen Auslegung des Satzes 1 der Wortlaut der Vorschrift entgegen steht[4]. Daher sind die von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Sätze 2 und 3 UStG verwendeten Begriffe, soweit sie zur Anwendung des Regelsteuersatzes führen, weit auszulegen[5].
Eine andere unionsrechtliche Grundlage für § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG besteht nicht. Die Vorschrift kann insbesondere nicht auf Anhang III Nr. 13 MwStSystRL gestützt werden, der die vorliegend streitige „Eintrittsberechtigung für Sportveranstaltungen“ erfasst. Denn der in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i.V.m. § 67a AO bezeichnete Zweckbetrieb umfasst zwar auch die Gewährung der Eintrittsberechtigung für Sportveranstaltungen, ist aber nicht hierauf beschränkt. Von der Möglichkeit des Anhangs – III Nr. 13 MwStSystRL hat der nationale Gesetzgeber auch in § 12 Abs. 2 Nr. 7 UStG keinen Gebrauch gemacht.
Im Streitfall ist § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i.V.m. § 67a Abs. 1 Satz 1 AO nicht anzuwenden, da der Verein auf die Anwendung von § 67a Abs. 1 Satz 1 AO verzichtet hat. Daher kann ein Zweckbetrieb nur nach § 67a Abs. 3 AO vorliegen, dessen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, wie das Finanzgericht zutreffend entschieden hat.
Nach § 67a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AO sind sportliche Veranstaltungen eines Sportvereins unter den weiteren Voraussetzungen des § 67a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO ein Zweckbetrieb, wenn kein Sportler des Vereins teilnimmt, der für seine sportliche Betätigung oder für die Benutzung seiner Person, seines Namens, seines Bildes oder seiner sportlichen Betätigung zu Werbezwecken von dem Verein oder einem Dritten über eine Aufwandsentschädigung hinaus Vergütungen oder andere Vorteile erhält. Andere sportliche Veranstaltungen sind gemäß § 67a Abs. 3 Satz 2 AO ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Somit ist im Anwendungsbereich des § 67a Abs. 3 AO für jede einzelne sportliche Veranstaltung gesondert zu entscheiden, ob die dort bezeichneten Voraussetzungen vorliegen[6]. Ist auch nur ein einziger Sportler als sog. bezahlter Sportler anzusehen, bei dem die Voraussetzungen von § 67a Abs. 3 Satz 1 AO nicht vorliegen, sind alle sportlichen Veranstaltungen, an denen dieser Sportler teilnimmt, ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb[7].
§ 67a Abs. 3 Satz 1 AO definiert den Begriff der Aufwandsentschädigung nicht. Aus der Vorschrift ergibt sich unmittelbar nur, dass die zweckbetriebsunschädliche Aufwandsentschädigung von zweckbetriebsschädlichen „Vergütungen oder andere[n] Vorteile[n]“ abzugrenzen ist, wobei der konkrete Aufwand jedes einzelnen Sportlers maßgeblich ist[8]. Der Aufwandsentschädigung in diesem Sinne ist es immanent, dass sie nur einen tatsächlichen Aufwand entschädigen soll. Dementsprechend geht das Schrifttum zutreffend davon aus, dass die Aufwandsentschädigung nicht über den tatsächlichen Aufwand hinausgehen darf[9] und dass unter „Vergütung“ i.S. des § 67a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AO sämtliche Leistungen in Geld zu verstehen sind[10]. Jedenfalls dann, wenn nicht nachvollziehbar ist, inwieweit tatsächlich Aufwand bei den einzelnen Sportlern angefallen ist, kann eine „pauschale Abrechnung von Aufwendungsersatz“ nicht genügen. Denn § 67a Abs. 3 Satz 1 AO enthält keine gesetzliche Pauschalierungsregelung, wie sie der Gesetzgeber in anderen Fällen angeordnet hat (vgl. z.B. § 12 Abs. 2 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages).
Nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgericht, gegen die keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen vorgebracht sind und die deshalb den Bundesfinanzhof binden (§ 118 Abs. 2 FGO), ist mangels ausreichender Aufzeichnungen nicht nachvollziehbar, inwieweit tatsächlich Aufwand bei den einzelnen Sportlern angefallen ist. Für das Finanzgericht war deshalb nicht überprüfbar, ob bei allen Sportlern die ihnen jeweils geleistete Zahlung nicht über eine Aufwandsentschädigung hinausging. Dies schließt die Annahme eines Zweckbetriebs nach § 67a Abs. 3 Satz 1 AO aus.
Darüber hinaus ist auch die tatsächliche Würdigung des Finanzgericht, dass eine pauschale Abrechnung eines Aufwendungsersatzes von teilweise über 1.000 € keine ausreichende Gewähr für einen zutreffenden Ausgleich tatsächlich entstandenen Aufwands bietet, nicht zu beanstanden (§ 118 Abs. 2 FGO).
Die hiergegen gerichteten Einwendungen des Vereins greifen nicht durch. Soweit er in der Revisionsbegründung wie auch in seinem weiteren Vorbringen geltend macht, dass die von ihm den Spielern gezahlten Beträge niemals die diesen tatsächlich entstandenen Aufwendungen überstiegen hätten und ein „maximaler Aufwendungsersatz“ als „monatliche Obergrenze“ errechnet worden sei, die stets höher als die tatsächlichen Zahlungen gewesen sei, ist dem nicht zu folgen, da die tatsächlich entstandenen Aufwendungen für jeden einzelnen Sportler nicht bekannt sind. Der Verein verkennt, dass bei dem von ihm erklärten Verzicht auf § 67a Abs. 1 Satz 1 AO ihn die Feststellungslast für das Vorliegen der in § 67a Abs. 3 Satz 1 AO bezeichneten Voraussetzungen trifft. Ohne dass es einer weitergehenden Regelung bedürfte, hat er diese für jeden Spieler und jede Veranstaltung nachzuweisen. Die von ihm gewählte „pauschale Abrechnung von Aufwendungsersatz“ genügte dem ebenso wenig wie der Hinweis auf „die weiten Fahrten zu vier oder fünf Trainingseinheiten pro Woche“, zu Spielen und anderen Veranstaltungen. Dasselbe gilt für die Annahmen des Vereins zu Schuhen und Spielbekleidung. Soweit der Verein auf seine Aufstellungen zu den an die Spieler geleisteten Zahlungen verweist, genügt dies nicht, die Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des Finanzgericht (§ 118 Abs. 2 FGO) entfallen zu lassen. Dass Aufzeichnungen zur Teilnahme der Spieler am Trainings- und Spielbetrieb nicht mehr vorhanden sind, geht auch dann zu Lasten des Vereins, wenn er -wie vorliegend- erst nachträglich auf die Anwendung von § 67a Abs. 1 AO verzichtet. Schließlich ist es auch unerheblich, dass er Einzelnachweise als weder zumutbar noch erforderlich ansieht. Der Verein, der davon ausgeht, dass seine Zahlungen den bei den Spielern entstandenen Aufwand nicht überstiegen hätten, verkennt, dass er ebendies nachzuweisen hat[11] und hierfür Plausibilitätsüberlegungen nicht ausreichen.
Auf die aus Sicht des Vereins „veraltete“ Verwaltungsanweisung in Nr. 32 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung zu § 67a AO, deren Voraussetzungen nicht vorliegen, kommt es nicht an. Zwar können als finanzamtliche Schätzungen (§ 162 AO) zu behandelnde Verwaltungsanweisungen -ungeachtet ihres fehlenden Rechtsnormcharakters- wegen des Gebots der Gleichbehandlung zu einer Selbstbindung der Verwaltung führen und grundsätzlich einen Anspruch des Steuerpflichtigen auf ihre Anwendung begründen[12]. Jedoch sind die in der o.g. Verwaltungsanweisung genannten Beträge vorliegend überschritten.
Die Sache ist spruchreif. Der Verein unterhielt mit den vorliegend streitigen Sportveranstaltungen auch keinen Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO[13], so dass auch insoweit keine Anwendung von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG in Betracht kommt; denn nach § … der vom Finanzgericht festgestellten Vereinssatzung ist der Zweck des Vereins, den Sport zu betreiben und den Sport in seiner Gesamtheit zu fördern. Es ist nicht erkennbar, dass dieser Vereinszweck nur durch den entgeltlichen Verkauf von Eintrittskarten für die vorliegend streitigen Sportveranstaltungen erreicht werden kann (§ 65 Nr. 2 AO).
Das Finanzamt war schließlich nicht am Erlass des Umsatzsteuerbescheids für 2010 vom 28.06.2016 gehindert. Für das Streitjahr 2010 war noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten, da der Beginn der mit Bescheid vom 29.10.2015 angeordneten Außenprüfung auf Antrag des Vereins hinausgeschoben wurde (§ 171 Abs. 4 Satz 1 AO).
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 3. August 2022 – XI R 11/19
- Nds. FG, Urteil vom 25.04.2019 – 11 K 134/17, EFG 21019, 1058[↩]
- vgl. EuGH, Urteil Kommission/Frankreich vom 17.06.2010 – C-492/08, EU:C:2010:348, Rz 43[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 10.08.2016 – V R 11/15, BFHE 255, 293, BStBl II 2018, 113, Rz 22; vom 23.07.2019 – XI R 2/17, BFHE 266, 91, Rz 17[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 08.03.2012 – V R 14/11, BFHE 237, 279, BStBl II 2012, 630, Rz 20; vom 24.09.2014 – V R 11/14, BFH/NV 2015, 528, Rz 46[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 20.03.2014 – V R 4/13, BFHE 245, 397, Rz 25; in BFHE 237, 279, BStBl II 2012, 630, Rz 30[↩]
- so z.B. Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 5. Aufl., Rz 6.274[↩]
- Seer in Tipke/Kruse, § 67a AO Rz 16[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 21.03.2002 – V B 87/01, BFH/NV 2002, 1012, unter II. 1.[↩]
- Krüger in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 67a AO Rz 17[↩]
- Musil in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 67a AO Rz 40; Krüger in Schwarz/Pahlke, a.a.O., § 67a AO Rz 13[↩]
- z.B. durch Aufstellungen der Spieler[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 12.11.2009 – VI B 66/09, BFH/NV 2010, 884; BFH, Urteil vom 23.04.2015 – V R 32/14, BFH/NV 2015, 1106[↩]
- zu dem Verhältnis dieser Vorschrift zu § 67a AO vgl. z.B. BFH, Urteil vom 25.07.1996 – V R 7/95, BFHE 181, 222, BStBl II 1997, 154, unter II. 3., III. 1.b; Seer in Tipke/Kruse, § 65 AO Rz 2[↩]
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