Wurde über Jahre hinweg zwischen Vereinsvorstand und Geschäftsführung eine vom Arbeitsvertrag abweichende Abstimmung praktiziert, kann dem Geschäftsführer ein hierauf angepasstes Verhalten nicht zum Vorwurf gemacht werden.
Mit dieser Begründung hat aktuell das Landesarbeitsgericht Niedersachsen die außerordentliche Kündigung eines Vereinsgeschäftsführers wegen des Vorwurfs der Zahlung von Beratungshonoraren als unwirksam erachtet.
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hatte hier über die Berufung in einem Verfahren über die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise fristgemäßen Kündigung und Schadensersatz in Höhe von über 200.000 € zu entscheiden. Der klagende Arbeitnehmer ist seit 2009 als Geschäftsführer beim beklagten Verein tätig, dessen Ziel die Förderung der Zucht von Oldenburger Pferden entsprechend den tradierten Zuchtbestimmungen ist. Am 2. Mai 2023 kündigte der Verein das Arbeitsverhältnis mit dem Geschäftsführer fristlos, hilfsweise fristgemäß. Zur Begründung hat er erstinstanzlich geltend gemacht, der Geschäftsführer habe schuldhaft gegen seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verstoßen, indem er den Verein ohne dessen Beteiligung zur Zahlung von Beratungshonoraren von bisher 217.017,71 € verpflichtet habe. Angesichts seines heimlichen Vorgehens und des finanziellen Volumens der Geschäfte sei das Vertrauen zum Geschäftsführer unwiederbringlich zerstört. Dieser habe die durch sein Handeln ausgelösten Kosten zu ersetzen. Der Geschäftsführer hat vorgetragenen, es sei originäre Aufgabe des Geschäftsführers eines Verbandes, die laufenden Geschäfte zu führen, wozu auch der Abschluss von schuldrechtlichen Verpflichtungen gehöre. Von einem Teil dieser Verpflichtungen habe der Vereinsvorstand überdies Kenntnis gehabt. Ein Schaden sei dem Verein nicht entstanden und daher auch nicht zu ersetzen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Der damalige Vorstand des Vereins habe das zu entwickelnde Projekt einschließlich des damit im Zusammenhang stehenden finanziellen Engagements befürwortet und initiiert. Über Jahre hinweg sei eine vom Arbeitsvertrag abweichende Abstimmung zwischen Vorstand und Geschäftsführung praktiziert worden. Daher könne dem Geschäftsführer sein Verhalten nicht zum Vorwurf gemacht werden. Soweit ihm vorgeworfen werde, ungünstige Verträge abgeschlossen zu haben, berechtige das jedenfalls nicht zu einer Kündigung ohne vorausgegangene Abmahnung. Der Geschäftsführer könne auch seine Weiterbeschäftigung verlangen. Die mit der Widerklage verfolgte Schadensersatzforderung sei unbegründet, denn es fehle an einer vom Geschäftsführer zu verantwortenden Pflichtwidrigkeit. Auch den Eintritt eines Schadens habe der Verein nicht hinreichend dargelegt.
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat die Berufung des Vereins teilweise als unzulässig verworfen und im Übrigen zurückgewiesen. Wie das Arbeitsgericht hat auch das Landesarbeitsgericht die Kündigungen für unwirksam gehalten. Die Berufung gegen die Abweisung des Schadenersatzanspruches hat sie für nicht ausreichend begründet gehalten. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht hat das Landesarbeitsgericht nicht zugelassen.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 24. September 2024 – 10 SLa 76/24