Anti-Corona-Agitation schadet der Gemeinnützigkeit

Der Steuerbegünstigung steht es nicht entgegen, wenn eine nach § 52 Abs. 2 AO begünstigte Tätigkeit im Einzelfall zwangsläufig mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden ist. Die allgemeinpolitische Betätigung im Rahmen des steuerbegünstigten Zwecks darf aber nicht über das hinausgehen, was das Eintreten für diesen jeweiligen Zweck und dessen Verwirklichung erfordert.

Bei einem eingetragenen Verein darf die Einflussnahme auf politische Willensbildung und Öffentlichkeit daher nicht über das hinausgehen, was im Rahmen der Verfolgung steuerlich begünstigter Zwecke erforderlich ist.

Gemeinnützig ist im Steuerrecht die Verfolgung der in § 52 der Abgabenordnung ausdrücklich genannten Zwecke. Ist eine Tätigkeit einer Körperschaft innerhalb des steuerrechtlich begünstigten Zwecks zwangsläufig mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden, schadet dies der Gemeinnützigkeit nicht. Anders ist es, wenn die politische Tätigkeit nicht mehr aufgrund des jeweiligen steuerbegünstigten Zwecks erforderlich ist.

Der Bundesfinanzhof hat diesen Grundsatz jetzt in einem Eilverfahren präzisiert, in dem ein Verein nach seiner Satzung die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens sowie die Förderung des allgemeinen demokratischen Staatswesens verfolgt. Auf seiner Internetseite stellte er insbesondere die Effektivität von Masken zum Schutz vor Viren infrage. Auch veröffentlichte er dort zeitweise ein Dokument, in dem er die Bundesregierung und die Landesregierungen aufforderte, sämtliche in der Corona-Pandemie verhängten Maßnahmen sofort aufzuheben. Gleichzeitig forderte er für den Fall der Weiterführung der Maßnahmen die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses und wies in dem Dokument auf das Recht zum Widerstand nach Art.20 Abs. 4 des Grundgesetzes hin. Ein Vorstandsmitglied des Vereins sprach im Zusammenhang mit den getroffenen Maßnahmen in der Corona-Pandemie über die mögliche Abhängigkeit von Politikern von anderen Mächten.

Nach Anhörung des Vereins zur Beanstandung seiner tatsächlichen Geschäftsführung, weil er seine satzungsmäßigen Zwecke nicht fördere und zudem originär politische Zwecke verfolge, was gegen das Ausschließlichkeitsgebot verstieße, erließ das Finanzamt einen „Vorauszahlungsbescheid über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag und Widerruf der Gemeinnützigkeit sowie der Berechtigung zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen“. Damit setzte es ab dem vierten Kalendervierteljahr 2020 die Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer und zum Solidaritätszuschlag auf jeweils 0 € fest, versagte die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG und wies darauf hin, dass der Verein „ab sofort“ nicht mehr berechtigt sei, Zuwendungsbestätigungen für steuerliche Zwecke auszustellen. Hiergegen legte der Verein Einspruch ein und beantragte zugleich Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzamt lehnte den AdV-Antrag ab. Über den Einspruch hat das Finanzamt noch nicht entschieden.

Den beim Finanzgericht München gestellten AdV-Antrag lehnte dieses ab[1]. Der Bundesfinanzhof wies nun auch die hiergegen gerichtete Beschwerde des Vereins als unbegründet zurück und stellte dabei klar, dass derartige Betätigungen die steuerrechtliche Gemeinnützigkeit des Vereins verhindern:

Zwar gehört zur Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens auch die Information der Bevölkerung über die Verhinderung und Bekämpfung von Krankheiten. Der Inhalt der Informationen kann grundsätzlich auch dem widersprechen, was den Parlamenten oder Regierungen als Grundlage ihrer Entscheidungen dient. Der Hinweis auf das im Grundgesetz verankerte Widerstandsrecht oder die Behauptung einer Abhängigkeit von Politikern von anderen Mächten hängen nach Auffassung des Bundesfinanzhofs aber nicht mit einer Information der Bevölkerung zum öffentlichen Gesundheitswesen zusammen. Dies geht über das hinaus, was zur gemeinnützigen Förderung dieses Zwecks zwangsläufig mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden ist. Eine Gemeinnützigkeit wegen der allgemeinen Förderung des demokratischen Staatswesens lehnte der Bundesfinanzhof ebenfalls ab. Dafür muss sich eine Körperschaft umfassend mit den demokratischen Grundprinzipien befassen und diese in geistiger Offenheit objektiv und neutral würdigen. Dies hat der Verein jedoch nicht getan.

Nach § 128 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheides neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken. Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt. Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe i.S. einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen[2].

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze bestehen im Streitfall keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Körperschaftsteuer-Vorauszahlungsbescheides.

Eine Körperschaft verfolgt gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 AO gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. § 52 Abs. 2 AO legt fest, welche Zwecke unter den Voraussetzungen des Abs. 1 als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen sind. Hierzu gehört gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 24 AO die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs erfasst -unter Beachtung der sich aus § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 24 AO ergebenden Wertungen- die Förderung der Allgemeinheit nicht die Verfolgung politischer Zwecke. Daher darf weder ein „politischer Zweck als alleiniger und ausschließlicher oder als überwiegender Zweck in der Satzung einer Körperschaft festgelegt“ sein, noch die Vereinigung mit ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich oder überwiegend einen politischen Zweck verfolgen. Hiervon zu unterscheiden ist die Einflussnahme auf die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung zur Verfolgung der in § 52 Abs. 2 AO ausdrücklich genannten Zwecke. Der BFH hat in seiner ständigen Rechtsprechung anerkannt, dass es der Steuerbegünstigung nicht entgegensteht, wenn eine nach § 52 Abs. 2 AO begünstigte Tätigkeit im Einzelfall zwangsläufig mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden ist[3]. Zur Förderung der Allgemeinheit gehört auch die kritische öffentliche Information und Diskussion, um ein nach § 52 Abs. 2 AO begünstigtes Anliegen der Öffentlichkeit und auch Politikern nahezubringen, wenn die unmittelbare Einwirkung auf die politischen Parteien und die staatliche Willensbildung gegenüber der Förderung des steuerbegünstigten Zwecks in den Hintergrund tritt. Die Grenzen der allgemeinpolitischen Betätigung einer steuerbegünstigten Körperschaft sind noch gewahrt, wenn die Beschäftigung mit politischen Vorgängen im Rahmen dessen liegt, was das Eintreten für die (steuerbegünstigten) satzungsmäßigen Ziele und deren Verwirklichung erfordert[4]. Eine gemeinnützige Körperschaft darf die von ihr verfolgten Zwecke auch einseitig vertreten, in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen und in ihrer subjektiven Abwägung höher als andere Ziele gewichten. Die endgültige Abwägung zwischen den widerstreitenden Zielen obliegt ohnehin nicht der Körperschaft, sondern den politischen Entscheidungsträgern, an die das Anliegen herangetragen wird, bzw. im Falle eines Volksbegehrens der Gesamtheit der abstimmenden Bürger[5].

Danach bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Versagung der Gemeinnützigkeit. Die Betätigung des Vereins im Jahr 2020 überschreitet die Grenzen einer zur Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens i.S. von § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO zulässigen Betätigung.

Der Verein verfolgt die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO), indem er nach seinem Vorbringen über die gesundheitlichen Risiken durch den Krankheitserreger SARS-CoV-2 sowie über die Auswirkungen der zur Eindämmung ergriffenen Maßnahmen auf die Gesundheit informiert.

Von der Förderung des Gesundheitswesens werden alle Tätigkeiten erfasst, die der Gesundheit der Bürger dienen, insbesondere die Verhinderung und Bekämpfung von Seuchen und Krankheiten[6]. Dazu gehört auch die Information der Bevölkerung über die Verhinderung und Bekämpfung von Krankheiten[7].

Zwar können entgegen der Auffassung des Finanzamtes die Grundsätze des § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AO, wonach politische Bildung sich in geistiger Offenheit zu vollziehen hat[8], nicht ohne Weiteres auf den Zweck der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens nach § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO übertragen werden. Doch hat der Verein sowohl mit seinem an die deutschen Regierungen gerichteten Dokument als auch mit den ihm zurechenbaren Äußerungen seines … Vorsitzenden die Grenzen dessen überschritten, was zur Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens zwangsläufig mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden ist. Diese Betätigungen lagen außerhalb dessen, was das Eintreten für sein (steuerbegünstigtes) satzungsmäßiges Ziel, die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens, und dessen Verwirklichung erforderte.

Das -zumindest im Internet zeitweise abrufbare- an die Regierungen gerichtete Dokument, welches zur Veröffentlichung in … bestimmt war, geht über das hinaus, was zur Verfolgung des Zwecks der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens erforderlich ist. Denn der Verein geht mit der Veröffentlichung dieses Dokuments über die Förderung des Gesundheitswesens hinaus. Er tritt damit -wie vom Finanzgericht angenommen- in den politischen Wettstreit um die zutreffende Strategie zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, indem er die undifferenzierten Forderungen nach sofortiger Aufhebung aller verhängten Maßnahmen und der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses erhebt. Eine nähere Auseinandersetzung mit den medizinischen, virologischen oder epidemiologischen Gründen für die einzelnen verhängten Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie unterbleibt.

Des Weiteren zitiert der Verein in dem jedenfalls zeitweise auf seiner Internetseite zugänglichen Dokument das Widerstandsrecht nach Art.20 Abs. 4 GG in einer Art und Weise, wie sie in keinem Zusammenhang mit der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens steht. Durch die Hervorhebung nur der Worte „Recht zum Widerstand“ und „andere Abhilfe nicht möglich“ suggeriert er, dass die Widerstandslage bereits eingetreten sei. Indes kann es ein Widerstandsrecht gegen einzelne rechtswidrige Zustände nur im konservierenden Sinne geben, d.h. als Notrecht zur Bewahrung oder Wiederherstellung der Rechtsordnung. Ferner muss das mit dem Widerstande bekämpfte Unrecht offenkundig sein und es müssen alle von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellten Rechtsbehelfe so wenig Aussicht auf wirksame Abhilfe bieten, dass die Ausübung des Widerstandes das letzte verbleibende Mittel zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Rechtes ist[9]. Davon kann hier jedoch nicht die Rede sein. Wie zahlreiche verschiedene gerichtliche Entscheidungen zu den Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 zeigen, stehen rechtsstaatliche Mittel zur Überprüfung der Maßnahmen zur Verfügung, die der Verein im Rahmen seiner steuerbegünstigten Zwecke mit politischer Zielsetzung angreift.

Die Äußerungen des … Vorsitzenden, die dem Verein zuzurechnen sind, gehen gleichfalls über ein -auch pointiertes- erforderliches Eintreten für seine satzungsmäßigen Ziele hinaus. Er stellt die Maßnahmen nicht nur in einen Zusammenhang mit den von ihm für richtig erachteten Erkenntnissen zum Gesundheitswesen, sondern verbindet seine Kritik mit Erwägungen über „andere Mächte“, die die Pandemie geplant und in deren Abhängigkeit die Politiker die Maßnahmen getroffen hätten. Diese Erwägungen haben nichts mit der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens zu tun, insbesondere fehlt es an einem Zusammenhang mit der Verhinderung und Bekämpfung von Seuchen und Krankheiten.

Vorsitzende des Vereins stellt in dem Video seiner Rede auf einer Kundgebung … in den Raum, dass Maßnahmen entweder mangels ausreichender Intelligenz oder aufgrund eines möglichen Abhängigkeitsverhältnisses der Politiker von anderen Mächten so getroffen worden seien. In dem Video seines Vortrags … spricht er über die fehlende Unabhängigkeit der WHO, bzw. ihre Abhängigkeit von Milliardären, die die Politiker kontrollierten. Auf der Internetseite des Vereins behauptet er in einem Video …, dass nach der Faktenlage eine „Corona-Plandemie“ vorliege, also eine geplante Pandemie.

Diese Äußerungen sind dem Verein zuzurechnen, weil es sich um Äußerungen eines Organs des Vereins unter Verwendung des Vereinszeichens des Vereins bzw. um auf der Internetseite des Vereins abrufbare Videos handelt[10]. Es ist bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich, dass der Verein dieses Verhalten trotz seiner Kenntnis davon unterbunden hat. Dass es sich um eigenmächtiges Verhalten des … Vorsitzenden ohne Wissen des Vereins handelt, ist gleichfalls nicht erkennbar[11].

Die Betätigung des Vereins ist auch nicht als allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens i.S. des § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 24 AO anzusehen. Dies setzt voraus, dass sich eine Körperschaft umfassend mit den demokratischen Grundprinzipien befasst und diese objektiv und neutral würdigt[12]. Die Verfolgung von „Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art“ ist nach § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 24 AO ausdrücklich ausgeschlossen. Des Weiteren ist auch § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 24 AO von der gemeinnützigkeitsschädlichen Verfolgung politischer Zwecke durch Einflussnahme auf die politische Willensbildung und Gestaltung der öffentlichen Meinung abzugrenzen[13].

Diesen Anforderungen des § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 24 AO genügt die hier zu beurteilende Betätigung des Vereins nicht. Im Vordergrund der Veröffentlichungen/Äußerungen des Vereins steht nicht die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens, sondern die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens nach § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO, wobei die Grenzen einer zulässigen politischen Betätigung überschritten sind. Es erfolgt keine umfassende Befassung mit den demokratischen Grundprinzipien unter objektiver und neutraler Würdigung. Vielmehr zielt -wie vom Finanzgericht in seinem Beschluss auf S. 14 unter 3.02.03.06.03. zutreffend angenommen- die Tätigkeit des Vereins auf konkrete Pandemie-Maßnahmen, wobei deren freiheitsbeschränkende Wirkung und undemokratisches Zustandekommen thematisiert werden. Insoweit will der Verein gezielt auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen und diskutiert politische Fragen nicht -wie § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 24 AO mit seiner dort gebotenen Objektivität und Neutralität voraussetzt- in geistiger Offenheit[14].

Die gemeinnützigkeitsschädliche Betätigung des Vereins führt zur Versagung der Steuerbefreiung. Der Verstoß der tatsächlichen Geschäftsführung gegen die Satzung ist bei summarischer Prüfung nicht nur geringfügig.

Im Streitfall kann offenbleiben, ob bei kleineren, einmaligen Verstößen gegen Gemeinnützigkeitsvorschriften wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine Versagung der Steuerbefreiung ausscheidet[15]. Innerhalb des hier in Rede stehenden Zeitraums handelt es sich im Streitfall nicht nur um einmalige, geringfügige, sondern um fortwährend andauernde Verstöße. Die Videos auf der Internetseite des Vereins sind dauerhaft abrufbar gewesen. Von den Äußerungen seines … Vorsitzenden in den Videos auf anderen Veranstaltungen unter Verwendung des Vereinszeichens hat sich der Verein bei summarischer Prüfung nicht erkennbar distanziert oder diese unterbunden.

Die Einwendungen des Vereins hiergegen greifen nicht durch.

Die Mitgliederstruktur des Vereins ist für die Beurteilung seiner tatsächlichen Geschäftsführung nach den vorstehenden Ausführungen nicht entscheidungserheblich.

Soweit sich der Verein darauf bezieht, er erarbeite und verbreite wissenschaftliche Erkenntnisse/Informationen, kann eine solche Betätigung zwar grundsätzlich gemeinnützig sein. Sofern die vom Verein verbreiteten Informationen zur Förderung des Gesundheitswesens durch Erkenntnisse der Forschung und Wissenschaft, wie sie aufgrund ihrer Entwicklungen dem neueren Wissensstand und Erkenntnisstand entsprechen, oder auch durch die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in ihren Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung geprägt sind[16], sind sie nicht gemeinnützigkeitsschädlich. Das Verbreiten derartiger Informationen ist zwangsläufig mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden, auch weil der Verein nach seinem Vorbringen die Position vertritt, es diene dem Wohl der Allgemeinheit, in einer Pandemie Kranke zu isolieren, und diese Position im Widerstreit zu der von ihm behaupteten Position der Bundesregierung und der Landesregierungen stehen soll, wonach es dem Wohl der Allgemeinheit dienen solle, in einer Pandemie Gesunde zu isolieren[17] und das öffentliche Leben ohne Rücksicht auf andere Auswirkungen herunterzufahren.

Im Übrigen ist im Bereich der Steuervergünstigung als gewährender Staatstätigkeit auch die Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG zu beachten[18], die allerdings nicht grenzenlos ist[19]. Diesem Freiheitsrecht liegt der Gedanke zugrunde, dass eine von gesellschaftlichen Nützlichkeits- und politischen Zweckmäßigkeitsvorstellungen freie Wissenschaft Staat und Gesellschaft im Ergebnis am besten dient[20]. Wegen der prinzipiellen Unvollständigkeit und Unabgeschlossenheit der Wissenschaft ist ein Werk dem Bereich der Wissenschaft erst dann entzogen, wenn es den Anspruch von Wissenschaftlichkeit nicht nur im Einzelnen oder nach der Definition bestimmter Schulen, sondern systematisch verfehlt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn es nicht auf Wahrheitserkenntnis gerichtet ist, sondern vorgefassten Meinungen oder Ergebnissen lediglich den Anschein wissenschaftlicher Gewinnung oder Nachweisbarkeit verleiht. Dafür kann die systematische Ausblendung von Fakten, Quellen, Ansichten und Ergebnissen, die die Auffassung des Autors in Frage stellen, ein Indiz sein. Auf die subjektive Beurteilung desjenigen, der das Grundrecht für sich in Anspruch nimmt, kommt es nicht an[21].

Allerdings kommt es auf die Fragestellungen im Zusammenhang mit der Gewährleistung der Wissenschaftsfreiheit im Streitfall nicht an, da der Verein bei der gebotenen summarischen Prüfung bereits die Grenzen der politischen Betätigung im Rahmen des von ihm verfolgten Zwecks überschreitet.

Es kommt auch nicht darauf an, ob der Verein nach eigenem Vorbringen mit der durch Feststellungsbescheid gewährten Gemeinnützigkeit um Spenden geworben und solche erhalten hat, sowie ob die Spender auf den Erhalt von Spendenbescheinigungen vertraut haben. Für eine gesonderte Prüfung des Vertrauens der Spender bzw. des Zuwendungsempfängers bei der Versagung der Gemeinnützigkeit erscheint bei überschlägiger Prüfung kein Raum. Der Vertrauensschutz für Zuwendungsbestätigungen bestimmt sich ausdrücklich nach § 9 Abs. 3 Satz 1 KStG bzw. die Aussteller- und Veranlasserhaftung beim Zuwendungsabzug nach § 9 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KStG.

Im Übrigen kann dahingestellt bleiben, ob die übrigen, auf der Internetseite des Vereins veröffentlichten Informationen zur Maskenpflicht den Anforderungen an die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens, auch soweit diese mit politischer Zielsetzung verbunden sein darf, genügen.

Dass die Voraussetzungen für eine AdV wegen unbilliger Härte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 FGO) vorliegen, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Der Bundesfinanzhof versteht das Beschwerdevorbringen des Vereins so, dass er sich nur gegen die Festsetzung von Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen für das vierte Kalendervierteljahr 2020 wehrt. Das Finanzgericht hat seinen Antrag dahingehend ausgelegt. Hiergegen hat sich der Verein mit seiner Beschwerde nicht gewendet. Seine Rechtsschutzmöglichkeiten werden im Streitfall durch diese Auslegung im Hinblick auf das noch nicht abgeschlossene Einspruchsverfahren auch nicht verkürzt.

Eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO im Hinblick auf die Verfassungsbeschwerde beim BVerfG[22] gegen den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 10.12.2020[23] und das BFH, Urteil in BFHE 263, 290, BStBl II 2019, 301 kommt wegen der Eilbedürftigkeit des AdV-Verfahrens nicht in Betracht[24].

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 18. August 2021 – V B 25/21 (AdV)

  1. FG München, Beschluss vom 30.03.2021 – 7 V 2583/20, EFG 2021, 917[]
  2. ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH, Beschluss vom 24.05.2016 – V B 123/15, BFH/NV 2016, 1253, Rz 25, m.w.N.[]
  3. BFH, Urteil vom 10.01.2019 – V R 60/17, BFHE 263, 290, BStBl II 2019, 301, Rz 18 und 20, m.w.N.[]
  4. BFH, Urteil in BFHE 263, 290, BStBl II 2019, 301, Rz 21, m.w.N.[]
  5. BFH, Urteil vom 20.03.2017 – X R 13/15, BFHE 257, 486, BStBl II 2017, 1110, Rz 76[]
  6. BFH, Urteil vom 18.10.2017 – V R 46/16, BFHE 259, 488, BStBl II 2018, 672, Rz 23, m.w.N.; vgl. zu den Begriffen auch Fischer, juris PraxisReport Steuerrecht 26/2009, Anm. 3[]
  7. vgl. in diesem Sinne zur Förderung des Zwecks des § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO durch Information der Bevölkerung auf Internetseiten: BeckOK AO/Erdbrügger, 16. Ed. [01.04.2021], AO § 52 Rz 171[]
  8. BFH, Urteil in BFHE 263, 290, BStBl II 2019, 301, Rz 23, 27[]
  9. zum Widerstandsrecht bereits BVerfG, Urteil vom 17.08.1956 – 1 BvB 2/51, BVerfGE 5, 85, unter C.II. 2.b(4)c; zu Art.20 Abs. 4 GG BVerfG, Urteil vom 18.03.2014 – 2 BvE 6/12, BVerfGE 135, 317, unter B.II. 1.f[]
  10. vgl. auch BFH, Urteil vom 29.08.1984 – I R 215/81, BFHE 142, 243, BStBl II 1985, 106, unter 5.b[]
  11. vgl. auch BFH, Urteile vom 27.09.2001 – V R 17/99, BFHE 197, 314, BStBl II 2002, 169, unter II. 2.e, und in BFHE 263, 290, BStBl II 2019, 301, Rz 36[]
  12. BFH, Urteil vom 23.09.1999 – XI R 63/98, BFHE 190, 338, BStBl II 2000, 200, unter II. 1.a[]
  13. BFH, Urteil in BFHE 263, 290, BStBl II 2019, 301, Rz 16 ff.[]
  14. vgl. auch zur Unterscheidung zwischen der offenen Diskussion politischer Fragen einerseits und der Beeinflussung des Staatswillens durch die Einflussnahme auf die Beschlüsse von Parlament und Regierung andererseits bei der steuerrechtlichen Förderung gemeinnütziger Körperschaften durch Steuerbegünstigung BFH, Urteil in BFHE 263, 290, BStBl II 2019, 301, Rz 25 f.[]
  15. vgl. zu geringfügigen Verstößen gegen das Mittelverwendungsgebot des § 55 AO: BFH, Urteil vom 12.03.2020 – V R 5/17, BFHE 268, 415, BStBl II 2021, 55, Rz 61, m.w.N.; erwähnt, aber nicht einschlägig im BFH, Beschluss vom 26.05.2021 – V R 31/19, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 50[]
  16. vgl. allgemein BFH, Urteil vom 13.12.1978 – I R 39/78, BFHE 127, 330, BStBl II 1979, 482, unter I. 4.a[]
  17. durch Lockdown, etc.[]
  18. vgl. BVerfG, Urteil vom 29.05.1973 – 1 BvR 424/71, BVerfGE 35, 79, unter C.II. 2.[]
  19. vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.03.1978 – 1 BvR 333/75, BVerfGE 47, 327, unter C.I. 1.b[]
  20. BVerfG, Beschluss vom 20.07.2010 – 1 BvR 748/06, BVerfGE 127, 87, unter C.I. 2., m.w.N.[]
  21. BVerfG, Beschluss vom 11.01.1994 – 1 BvR 434/87, BVerfGE 90, 1, unter C.I. 1., m.w.N.[]
  22. BVerfG – 1 BvR 697/21[]
  23. BFH, Beschluss vom 10.12.2020 – V R 14/20, BFHE 271, 53[]
  24. vgl. BFH, Beschluss vom 29.11.2005 – IX B 80/05, BFH/NV 2006, 719, unter II. 1., m.w.N.[]