Ein Feuerwerk für die Umsatzsteuer

Eintrittsgelder für einen Feuerwerkswettbewerb, bei dem verschiedene Teams mit „Pflicht-“ und „Kürteilen“ eine Vielzahl von Feuerwerken in kreativen Kombinationen mit Farb- und Klangelementen vorführen, können dem ermäßigten Umsatzsteuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG unterliegen.

Ein Feuerwerk für die Umsatzsteuer

Die Eintrittsgelder sind umsatzsteuerpflichtig.

Die Voraussetzungen der im Streitfall allein in Betracht kommenden nationalen Steuerbefreiungsvorschriften in § 4 Nr.20 Buchst. a bzw. § 4 Nr.20 Buchst. b UStG sind nicht erfüllt. Denn die Veranstalterin verfügt nicht über eine nach § 4 Nr.20 Buchst. a Satz 2 UStG erforderliche Bescheinigung einer zuständigen Landesbehörde; sie ist auch kein Veranstalter i.S. von § 4 Nr.20 Buchst. b UStG.

Eine Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. n der MwStSystRL scheidet ebenfalls aus, weil die Veranstalterin keine anerkannte Einrichtung im Sinne dieser Bestimmung ist[1].

Die Eintrittsgelder unterliegen nicht dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG, sondern gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG dem ermäßigten Steuersatz.

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG ermäßigt sich die Steuer (von 19 %) auf 7 % für die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler.

Unionsrechtliche Grundlage für § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG ist Art. 98 Abs. 2 i.V.m. Anhang – III Kategorie 7 der MwStSystRL. Danach können die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) einen ermäßigten Steuersatz anwenden auf die Eintrittsberechtigung für Veranstaltungen, Theater, Zirkus, Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Konzerte, Museen, Tierparks, Kinos und Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle Ereignisse und Einrichtungen.

Der Bundesfinanzhof versteht unter Theatervorführungen i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG nicht nur Aufführungen von Theaterstücken, Opern und Operetten, sondern auch Darbietungen der Pantomime und Tanzkunst, der Kleinkunst und des Varietés bis zu den Puppenspielen und Eisrevuen[2].

Begünstigt sind auch „Mischformen“ von Sprech, Musik- und Tanzdarbietungen, so dass eine Unterhaltungsshow in Gestalt einer Kampfkunstshow (sog. „Budo-Gala“) ebenfalls eine Theatervorführung i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG sein kann[3]. Die Steuervergünstigung kann in Anspruch genommen werden, wenn eine Vorführung entweder als „theaterähnlich“ oder als „konzertähnlich“ einzustufen ist[4].

Der hier zu beurteilende Leistungsaustausch -Eintrittsberechtigung zur „X“ gegen Entgelt- vollzog sich zwischen der Veranstalterin als Veranstalterin und dem Publikum -den Besuchern der „X“-[5], was im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig ist.

Voliegend werden die jeweiligen Feuerwerksdarbietungen von verschiedenen „Teams“ im Einzelnen künstlerisch vorbereitet und in verschiedenen zeitlich begrenzten Teilen („Pflicht“ und „Kür“) dem Publikum mit Musikbegleitung auf Tonträgern vorgeführt. Im Rahmen des künstlerischen Wettbewerbs kommt es bei der Bewertung der einzelnen Teams jeweils auf Kreativität, Vielfalt von Farben und Effekten, die Synchronisation zur Musik sowie die technische Ausführung an.

Die Würdigung dieser gesamten Einzelumstände der Veranstaltung, wonach die von der Veranstalterin den Besuchern gegen Entgelt eingeräumten Eintrittsberechtigungen hierzu dem ermäßigten Steuersatz i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG unterliegen, ist für den Bundesfinanzhof nicht zu beanstanden.

Das Finanzgericht hat hierzu in der Vorinstanz ausgeführt, dass die von der Veranstalterin durchgeführte Feuerwerksveranstaltung eine Darbietung künstlerischer Leistungen ist, die in der Schöpfung eines aus optischen und akustischen Elementen abgestimmten Gesamtkunstwerks besteht, deren künstlerischer Charakter von der jeweils individuellen Choreographie des Feuerwerks und dazu passend abgespielter Musik geprägt wird. Ferner hat das Finanzgericht hervorgehoben, dass das Schaffen einer Harmonie von Farben, Formen und Klang nicht nur eine Frage technischer Fertigkeiten, sondern vor allem eine Frage geistig-künstlerischer Vorstellungskraft und Kreativität ist. Insgesamt handele es sich bei der durchgeführten „X“ somit um eine Veranstaltung, die sich teilweise aus Theaterelementen und teilweise aus konzertähnlichen Elementen zusammensetzt und damit einer „Unterhaltungsshow“ vergleichbar sei.

Diese Würdigung ist, so der Bundesfinanzhof, möglich und verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze; sie bindet daher den Bundesfinanzhof gemäß § 118 Abs. 2 FGO[6].

Die hiergegen erhobenen Einwendungen des Finanzamt greifen nicht durch.

Das Argument des Finanzamt, die „X“ sei keine begünstigte Veranstaltung i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG, weil es an einem unmittelbaren körperlichen Kontakt der Künstler mit dem Publikum mangele, geht fehl.

Denn die „X“ ist ein von Musik unterlegtes Schauspiel für das Publikum, das von den Künstlern an den entsprechenden Vorführeinrichtungen auf dem ihnen von der Veranstalterin zur Verfügung gestellten Gelände selbst inszeniert wird. Dabei ist ein darüber hinaus gehender noch engerer Kontakt zwischen dem Künstler und dem Publikum nicht erforderlich. Die Veranstalterin weist zu Recht darauf hin, dass auch bei Puppenspielern kein unmittelbarer Kontakt mit dem Publikum stattfindet, sondern insoweit die Marionette als Medium zum Einsatz gelangt, ohne dass die Berechtigung zur Inanspruchnahme der Steuersatzermäßigung in Frage gestellt wird[7]. Es ist nicht ersichtlich, weshalb dies für den an der „X“ über das Medium des Feuerwerks wirkenden Künstler anders zu beurteilen sein sollte.

Deshalb vermag der Bundesfinanzhof der Differenzierung des Finanzamt nicht zu folgen, obwohl im Streitfall ein Mensch die Konzepte und künstlerische Arbeiten (Zusammenspiel von Musik, Farben, Formen usw.) entwickele, sei es doch „die Pyrotechnik selbst“, die im Zusammenspiel mit der Musik auf den Zuschauer wirke; es sei „nicht der Pyrotechniker, der in Kontakt mit dem Zuschauer [trete], um sich künstlerisch auszudrücken und Emotionen hervorzurufen“.

Es trifft im Übrigen nicht zu, dass -wie das Finanzamt ferner geltend macht- die Leistungen der „Pyrotechniker“ ausschließlich „hinter den Kulissen“ erbracht würden.

Ohne Erfolg beruft sich das Finanzamt auf die Rechtsprechung des BFH, wonach die Inszenierung einer Oper durch einen selbständig tätigen Regisseur gegen Honorar nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG unterliegt[8]. Denn dieser Sachverhalt ist mit dem vorliegenden Streitfall nicht vergleichbar. Die Veranstalterin ist die Veranstalterin[9].

Im Übrigen ist dem Finanzamt zwar darin zu folgen, dass das bloße Abspielen eines Tonträgers kein Konzert ist[10]. Im Streitfall gehen die Darbietungen aber weit darüber hinaus. U.a. findet eine Synchronisation des Feuerwerks mit Musik statt, so dass das Finanzgericht die „X“ zu Recht insoweit einem „Techno-Konzert“ ähnlich wahrgenommen hat[11].

Schließlich geht das Finanzamt entsprechend dem Vortrag der Veranstalterin offenbar selbst von dem künstlerischen Charakter der „X“ aus, wenn es im Prüfungsbericht vom 22.08.2011 unter Rz 33 ausführt, dass die Feuerwerksteams „im Rahmen dieser Veranstaltungen mit künstlerischen Darbietungen auftreten und mit den Vergütungen als beschränkt steuerpflichtige Künstler dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG unterliegen“. Mit dieser Beurteilung stünde auch aus Sicht des Finanzamt die Versagung des begehrten ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG für die Leistungen der Veranstalterin nicht im Einklang.

Das Finanzgericht hat außerdem zutreffend angenommen, dass dieses Ergebnis den entsprechenden unionsrechtlichen Vorgaben entspricht.

Denn nach Art. 98 Abs. 2 i.V.m. Anhang – III Kategorie 7 der MwStSystRL sind die EU-Mitgliedstaaten ermächtigt, auf Eintrittsberechtigungen für Veranstaltungen, Theater, Zirkus, Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Konzerte, Museen, Tierparks, Kinos und Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle Ereignisse und Einrichtungen den ermäßigten Steuersatz vorzusehen.

Die Aufzählung ergibt, dass die Richtlinie den EU-Mitgliedstaaten insoweit einen weiten Beurteilungsspielraum einräumt[12]. Die EU-Mitgliedstaaten haben bei Beachtung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität die Möglichkeit, konkrete und spezifische Aspekte einer Kategorie von Dienstleistungen i.S. des Anhangs – III Kategorie 7 der MwStSystRL mit einem ermäßigten Steuersatz zu belegen[13].

Zwar sind Bestimmungen, die Ausnahmen von einem allgemeinen Grundsatz darstellen, eng auszulegen, was auch für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gilt[14]. Die Beurteilung des Finanzgericht im Streitfall, wonach die von der Veranstalterin vereinnahmten Eintrittsgelder für die von ihr veranstaltete „X“ in den Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG fallen, steht aber jedenfalls im Einklang mit dem Wortlaut und dem Zweck der genannten Richtlinienbestimmung.

Da die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes sich im Streitfall bereits aus § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG ergibt, kann offenbleiben, ob daneben auch der ermäßigte Steuersatz aus der Tätigkeit als Schausteller gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG i.V.m. § 30 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung[15] in Betracht kommt.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 30. April 2014 – XI R 34/12

  1. vgl. dazu z.B. BFH, Urteil vom 18.02.2010 – V R 28/08, BFHE 228, 474, BStBl II 2010, 876, Rz 25[]
  2. vgl. BFH, Urteile vom 26.04.1995 – XI R 20/94, BFHE 177, 548, BStBl II 1995, 519; vom 09.10.2003 – V R 86/01, BFH/NV 2004, 984, unter II. 1.a; vom 19.10.2011 – XI R 40/09, BFH/NV 2012, 798, Rz 33; vom 10.01.2013 – V R 31/10, BFHE 240, 380, BStBl II 2013, 352, Rz 42; s.a. Abschn. 12.05. Abs. 2 Satz 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses[]
  3. vgl. BFH, Urteile in BFH/NV 2004, 984, unter II. 1.a und c, m.w.N.; in BFHE 240, 380, BStBl II 2013, 352, Rz 42[]
  4. vgl. BFH, Urteil in BFHE 211, 557, BStBl II 2006, 101, unter II. 3.b[]
  5. vgl. dazu BFH, Urteile in BFHE 177, 548, BStBl II 1995, 519, unter 1.; in BFH/NV 2004, 984, unter II. 1.d[]
  6. vgl. dazu z.B. BFH, Urteil in BFHE 211, 557, BStBl II 2006, 101, unter II. 4.b[]
  7. vgl. zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Puppenspiele BFH, Urteile in BFHE 177, 548, BStBl II 1995, 519, unter 1.; in BFH/NV 2004, 984, unter II. 1.a[]
  8. BFH, Urteil vom 04.05.2011 – XI R 44/08, BFHE 233, 367, BStBl II 2014, 200; vgl. insoweit aber die neue Steuerbefreiung in § 4 Nr.20 Buchst. a Satz 3 UStG[]
  9. vgl. BFH, Urteile vom 18.01.1995 – V R 60/93, BFHE 176, 500, BStBl II 1995, 348, unter II. 2.; in BFHE 177, 548, BStBl II 1995, 519, unter 1.[]
  10. vgl. BFH, Urteil in BFHE 211, 557, BStBl II 2006, 101, Leitsatz 1[]
  11. vgl. dazu BFH, Urteil in BFHE 211, 557, BStBl II 2006, 101[]
  12. BFH, Urteil in BFH/NV 2004, 984, unter II. 2.[]
  13. vgl. z.B. EuGH, Urteil vom 06.05.2010 – C-94/09 -Kommission/Frankreich-, Slg. 2010, I-4261, Umsatzsteuer-Rundschau -UR- 2010, 454, Rz 25, m.w.N.; und BFH, Urteil in BFHE 233, 367, BStBl II 2014, 200, Rz 39[]
  14. vgl. z.B. EuGH, Urteil vom 18.01.2001 – C-83/99 -Kommission/Spanien-, Slg. 2001, I-445, UR 2001, 210, Rz 19[]
  15. vgl. dazu BFH, Urteil vom 18.07.2002 – V R 89/01, BFHE 199, 93, BStBl II 2004, 88[]