Die beim Tennisspiel beschädigte Tennishalle

Ein Tennisspieler kann eine vom vertragsgemäßen Gebrauch nicht gedeckte Beschädigung der Tennishalle, in der er einen Tennisplatz gemietet hat, auch dann zu vertreten haben, wenn ihm kein Verstoß gegen die Tennisregeln der International Tennis Federation (ITF) angelastet werden kann[1].

Die beim Tennisspiel beschädigte Tennishalle

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Rechtsstreit verlangt die Betreiberin einer Tennishalle von einem Tennisspieler nach beendetem Mietverhältnis Schadensersatz wegen Beschädigung der Mietsache und entgangenem Gewinn.

Die Hallenbetreiberin betreibt eine Tennishalle, in der der Tennisspieler als Freizeitsportler regelmäßig einen Tennisplatz gemietet hat. Am 16.10.2018 spielte der Tennisspieler auf dem Platz Nr. 4, dessen seitliche Außenlinie nach den Feststellungen des Landgerichts im Abstand von 2, 50 m zur Außenwand der Halle verläuft, die gänzlich mit großformatigen Fenstern verglast ist. Im Verlauf des Spiels prallte der Tennisspieler gegen eine der Glasscheiben, die dadurch zerbrach. Am 2.11.2018 ließ die Hallenbetreiberin eine neue Fensterscheibe einsetzen. Die Reparaturkosten beliefen sich auf 2.299, 79 €. Die Haftpflichtversicherung des Tennisspielers regulierte davon 776, 22 €, weil ihrer Auffassung nach für die zerstörte Scheibe ein Abzug „neu für alt“ geboten sei. Die Hallenbetreiberin behauptet, der Austausch der Glasscheiben habe nicht vor dem 2.11.2018 erfolgen können. In der Zwischenzeit sei der Platz Nr. 4 nicht vermietbar gewesen, wodurch ihr ein Gewinn entgangen sei, den sie auf 6.311 € errechnet. Mit der vorliegenden Klage nimmt sie den Tennisspieler auf die restlichen Reparaturkosten in Höhe von 1.523, 57 €, den entgangenen Gewinn und vorgerichtliche Anwaltskosten in Anspruch.

Das erstinstanzlich hiermit befasste Landgericht Stade hat die Klage abgewiesen[2]. Das Oberlandesgericht Celle hat die Berufung der Hallenbetreiberin zurückgewiesen[3]. Die hiergegen gerichtete; vom Oberlandesgericht zugelassene Revision der Hallenbetreiberin hatte vor dem Bundesgerichtshof Erfolg; der BGH hob das Berufungsurteil des OLG Celle auf und verwies den Rechtsstreit zurück an das Oberlandesgericht:

Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, sind bei gewerblichen Mietverhältnissen Schäden an der Sachsubstanz der Mietsache, die durch eine Verletzung von Obhutspflichten des Mieters entstanden sind, auch nach Beendigung des Mietverhältnisses gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB als Schadensersatz neben der Leistung nach Wahl des Vermieters durch Wiederherstellung (§ 249 Abs. 1 BGB) oder durch Geldzahlung (§ 249 Abs. 2 BGB) vom Mieter zu ersetzen[4]. Denn bei der Verpflichtung des Mieters, die ihm überlassenen Mieträumlichkeiten in einem dem vertragsgemäßen Gebrauch nach Maßgabe von § 538 BGB entsprechenden Zustand zu halten, insbesondere die Räumlichkeiten aufgrund der aus der Besitzübertragung folgenden Obhutspflicht schonend und pfleglich zu behandeln sowie alles zu unterlassen, was zu einer von § 538 BGB nicht mehr gedeckten Verschlechterung führen kann, handelt es sich um eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht im Sinne von § 241 Abs. 2 BGB, die das Mietverhältnis begleitet[5].

Gemäß § 538 BGB hat der Mieter allerdings Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Verbrauch herbeigeführt werden, nicht zu vertreten. Hierunter können grundsätzlich auch Beschädigungen der Mietsache fallen[6].

Der Umfang des vertragsgemäßen Gebrauchs richtet sich jeweils nach den konkreten vertraglichen Vereinbarungen und dem Vertragszweck. Der Inhalt des Vertrags ist insoweit nach allgemeinen Grundsätzen gegebenenfalls durch Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Vertragsgemäß sind nur solche Auswirkungen auf die Mietsache, welche ausschließlich auf dem üblichen Gebrauch im Rahmen des vereinbarten Vertragszwecks beruhen[7]. Eine Beschädigung der Mietsache kann danach nur insoweit zum vertragsgemäßen Gebrauch gehören, als sie von dem vereinbarten Vertragszweck umfasst wird.

Der Tennisspieler stellt nicht in Abrede, dass er eine Glasscheibe der Außenwand der Tennishalle beschädigt hat. Anhaltspunkte dafür, dass diese Beschädigung vom vereinbarten Vertragszweck gedeckt sein sollte, sind indessen weder festgestellt noch ersichtlich.

Die hier verursachte Beschädigung der Halle ist vom Vertragszweck des Tennisspiels nicht umfasst, weil sich dieser auf die räumlichen Grenzen des für die Sportausübung verfügbaren Raums beschränkt. Auch kannte der Tennisspieler die Lage des Platzes in der Halle und hat ihn in Kenntnis seiner räumlichen Begrenzung gemietet. Zudem wurde noch in der mündlichen Verhandlung im Revisionsverfahren deutlich, dass die Parteien selbst den Mietvertrag nicht dahin verstehen, dass die Beschädigung der Verglasung der Außenwand der Tennishalle zum vertragsgemäßen Gebrauch des Tennisplatzes gehört habe.

Zu Unrecht ist das Oberlandesgericht Celle auf der Grundlage seiner Feststellungen davon ausgegangen, hinsichtlich der Beschädigung der Glasscheibe fehle es an einem Verschulden des Tennisspielers. Denn für die Frage, ob der Tennisspieler die Beschädigung der Glasscheibe auch zu vertreten hat, kann entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Celle nicht allein darauf abgestellt werden, ob der Tennisspieler die Tennisregeln der International Tennis Federation (ITF) eingehalten hat.

Zwar hat das Oberlandesgericht Celle im Ansatz zutreffend angenommen, dass die Haftung eines Sportlers aus § 823 Abs. 1 BGB nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den Nachweis voraussetzt, dass dieser schuldhaft gegen die Regeln des sportlichen Wettkampfs verstoßen und dabei einen anderen verletzt hat. Dagegen scheidet eine Haftung aus, wenn es sich um Verletzungen handelt, die sich ein Sportler bei einem regelgerechten und dem bei jeder Sportausübung zu beachtenden Fairnessgebot entsprechenden Einsatz seines Gegners zuzieht. In einem solchen Fall hat sich der Schädiger jedenfalls nicht sorgfaltswidrig verhalten. Die Sorgfaltsanforderungen an den Teilnehmer eines Wettkampfs bestimmen sich nach den besonderen Gegebenheiten des Sports, bei dem sich der Unfall ereignet hat. Sie sind an der tatsächlichen Situation und den berechtigten Sicherheitserwartungen der Teilnehmer des Wettkampfs auszurichten und werden durch das beim jeweiligen Wettkampf geltende Regelwerk konkretisiert[8].

Dem liegen folgende Erwägungen zu Grunde: Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben und dem sich daraus ergebenden Verbot widersprüchlichen Verhaltens[9] ist es nicht zulässig, wenn der Geschädigte den beklagten Schädiger in Anspruch nimmt, obwohl er trotz Einhaltung der Sorgfaltsanforderungen ebenso gut in die Lage hätte kommen können, in der sich nun der Tennisspieler befindet, sich dann aber dagegen gewehrt haben würde, diesem trotz Einhaltens der Spielregeln Ersatz leisten zu müssen. Die Gefahr, in einem sportlichen Wettkampf verletzt zu werden, ist wechselseitig. Jeder Spieler ist sowohl potentieller Verletzer als auch potentieller Verletzter. Das, was dem in Anspruch genommenen Spieler unterlaufen ist, konnte ebenso dem Spieler passieren, der jetzt seinen Sportkameraden verklagt. Ein sportlicher Wettkampf bringt auch bei Einhaltung der Spielregeln seinem Wesen nach zwangsläufig die Gefahr mit sich, verletzt zu werden, und diesem Risiko setzen sich die Spieler bewusst aus. Diese von den Spielern unter gleichen Bedingungen und gemeinsam in Kauf genommene Gefahr zwingt zu dem Schluss, dass bei Verletzungen, die trotz Einhaltung der Spielregeln eingetreten sind, der Mitspieler von seiner etwaigen Haftung freigestellt sein soll. Es wäre für jeden Spieler unzumutbar, bei Verletzungen, die trotz Einhaltung der Regeln und des Fairnessgebots eingetreten sind, das Risiko des Schadensersatzes zu tragen[10].

Anders als das Oberlandesgericht Celle meint, können diese Erwägungen auf den vorliegenden Fall auch im Ergebnis nicht übertragen werden, weil die Interessenlage zwischen Vermieter und Mieter nicht derjenigen zwischen zwei an einem Wettkampf teilnehmenden Sportlern vergleichbar ist. Denn Vermieter und Mieter stehen sich nicht wie Teilnehmer eines sportlichen Wettkampfs wechselseitig gegenüber. Durch eine Beschädigung der Mietsache verwirklicht sich keine Gefahr, die Vermieter und Mieter unter gleichen Bedingungen und gemeinsam in Kauf genommen haben. Vielmehr werden im Rahmen eines gewerblichen Mietverhältnisses die Verantwortungsbereiche von Vermieter und Mieter hinsichtlich einer Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache durch § 538 BGB abgegrenzt. Der Vermieter, der Schadensersatz für eine von § 538 BGB nicht gedeckte Beschädigung der Mietsache geltend macht, verhält sich nicht widersprüchlich.

Die Obhutspflichten des Mieters eines Tennisplatzes werden daher nicht allein durch die Tennisregeln der International Tennis Federation (ITF) konkretisiert, die sich zudem naturgemäß nur mit den Spielregeln des Tennissports befassen und den berechtigten Erwartungen des Vermieters keine Rechnung tragen. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Celle kann mithin ein Tennisspieler, der in einer Halle auf einem gemieteten Tennisplatz spielt, eine vom vertragsgemäßen Gebrauch des Tennisplatzes nicht gedeckte Beschädigung der Tennishalle auch dann zu vertreten haben, wenn ihm kein Verstoß gegen die Tennisregeln der International Tennis Federation (ITF) anzulasten ist.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle zum Ausschluss eines Verschuldens des Tennisspielers kann danach mit der dafür angegebenen Begründung keinen Bestand haben.

In gleicher Weise kann im vorliegenden Fall auch ein Schadensersatzanspruch der Hallenbetreiberin aus § 823 Abs. 1 BGB nicht ausgeschlossen werden. Es ist anerkannt, dass bei Beschädigung von Sachen, jedenfalls soweit sie nicht unmittelbar Leistungsgegenstand sind, vertragliche und deliktische Ersatzansprüche nebeneinander bestehen können. Insoweit gelten für das gewerbliche Mietrecht keine Besonderheiten[11].

Die angefochtene Entscheidung war daher gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Sache ist nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Oberlandesgericht Celle zurückzuverweisen. Der Bundesgerichtshof kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil das Oberlandesgericht Celle noch weitere Feststellungen zu treffen haben wird.

Für das weitere Verfahren weist der Bundesgerichtshof auf folgendes hin: Nach dem bisherigen Vorbringen des Tennisspielers kann nicht davon ausgegangen werden, dass er die Beschädigung der Glasscheibe nicht zu vertreten habe (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das Oberlandesgericht Celle wird jedoch ein etwaiges Mitverschulden der Hallenbetreiberin zu prüfen haben, das sich aus dem vom Landgericht bindend festgestellten Abstand der Seitenlinie von der Außenwand von 2, 50 m oder aus dem Vorbringen des Tennisspielers, die Glasscheibe sei als Fensterverglasung für eine Tennishalle nicht zugelassen gewesen, ergeben könnte.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 2. Februar 2022 – XII ZR 46/21

  1. im Anschluss an BGH, Urteil vom 27.06.2018 XII ZR 79/17 NJW-RR 2018, 1103[]
  2. LG Stade, Urteil vom 17.09.2020 – 5 O 11/20[]
  3. OLG Celle, Urteil vom 27.05.2021 – 5 U 123/20, MDR 2021, 939[]
  4. vgl. BGH, Urteil vom 27.06.2018 XII ZR 79/17 NJW-RR 2018, 1103 Rn. 16 und BGHZ 218, 22 = NJW 2018, 1786 Rn. 9[]
  5. vgl. BGH, Urteil vom 27.06.2018 XII ZR 79/17 NJW-RR 2018, 1103 Rn. 16, 20 und BGHZ 218, 22 = NJW 2018, 1786 Rn. 23 f. mwN[]
  6. vgl. Guhling/Günter/Boerner Gewerberaummiete 2. Aufl. § 538 BGB Rn. 5; BT-Drs. 14/4553 S. 42[]
  7. vgl. BGH, Urteil vom 10.07.2002 XII ZR 107/99 NJW 2002, 3234, 3235[]
  8. vgl. BGH Urteil vom 27.10.2009 – VI ZR 296/08 NJW 2010, 537 Rn. 10 mwN[]
  9. venire contra factum proprium[]
  10. vgl. BGH Urteil vom 20.12.2005 – VI ZR 225/04 NJW-RR 2006, 813, 815 mwN und BGHZ 63, 140 = JZ 1975, 122[]
  11. vgl. BGH, Urteil vom 27.06.2018 XII ZR 79/17 NJW-RR 2018, 1103 Rn. 24 mwN[]

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